Therapiejunkies: Ein kritischer Blick auf eine missverstandene Realität
Die Diskussion über Menschen, die sich über Jahre in Therapie befinden, wird oft von Vorurteilen geprägt. Der Begriff „Therapiejunkie“ impliziert eine Abhängigkeit von der Therapie selbst, doch diese Sichtweise verkennt die tiefere Wahrheit hinter dem therapeutischen Prozess.
Therapie als Weg zur Heilung
Für viele Klienten ist Therapie kein Ort des Wohlfühlens, sondern ein notwendiger Schritt zur Bewältigung schwerwiegender innerer Konflikte. Diejenigen, die sich in langwierige Therapien begeben, tun dies nicht aus Langeweile oder Genuss. Vielmehr sind sie auf der Suche nach Heilung von tiefen emotionalen Wunden, die oft in der Kindheit verwurzelt sind. Diese Auseinandersetzung mit sich selbst ist schmerzhaft und erfordert Mut.
Überlebensstrategien und ihre Folgen
In der Therapie wird oft deutlich, dass viele Menschen unbewusste Überlebensstrategien entwickelt haben, um mit traumatischen Erfahrungen umzugehen. Diese Strategien, die in der Kindheit entstanden sind, können zu chronischem Stress und emotionaler Entfremdung führen. Sie sichern zwar das Überleben, hindern jedoch daran, ein erfülltes Leben zu führen. Der therapeutische Prozess ermöglicht es den Klienten, diese Muster zu erkennen und zu verändern.
Therapie als Überlebenshilfe
Für viele ist Therapie nicht nur ein Mittel zur Selbstverwirklichung, sondern eine essentielle Unterstützung im Kampf gegen destruktive Verhaltensweisen. So wie regelmäßiger Sport notwendig ist, um körperliche Gesundheit zu erhalten, ist psychotherapeutische Begleitung für viele Menschen unabdingbar. Sie hilft ihnen, nicht in alte Muster zurückzufallen und ein stabiles emotionales Fundament zu entwickeln.
Fazit: Ein Plädoyer für Verständnis
Ich begleite seit vielen Jahren Menschen mit langen und intensiven Verläufen. Von denen kommt niemand zum Spaß, sobald es ihnen wirklich besser geht, sind sie auch sehr schnell weg und beenden die Therapie. Beinhalten innere Prozesse immer wieder auch sehr starke Auseinandersetzungen mit sich selbst und anderen, machen diese in der Regel nicht abhängig – dafür sind sie einfach zu unbequem…!
Die Stigmatisierung von „Therapiejunkies“ muss überwunden werden. Anstatt ihnen Abhängigkeit zu unterstellen, sollten wir ihre Stärke anerkennen und den Wert der Therapie als wichtigen Bestandteil des Lebens verstehen. Therapie ist kein Zeichen von Schwäche; sie ist ein kraftvoller Schritt auf dem Weg zur Heilung und zur Wiederentdeckung des Selbst.
Karim Hashim